Testfälle »Steuererklärungssoftware-Test 2024«
Sieben verschiedene Steuererklärungsprogramme waren bei uns im Test. Um die Angaben der Hersteller zu prüfen, haben wir für drei fiktive Steuerpflichtige eine Erklärung erstellt und die Rückzahlung vorausberechnen lassen. Mit den gegebenen Details sind Leser in der Lage, unsere Beispiele selbst einzugeben und in einem Programm der Wahl durchrechnen zu lassen.
Unsere Steuerfälle zielten zunächst darauf ab zu überprüfen, welche Anlagen die Steuerprogramme abdecken. Sie gaben uns gleichzeitig die Möglichkeit zu testen, wie die Software neue Nutzer durch die Themen führt, welche Hilfe und Tipps es gibt und wo sich die Programme untereinander widersprechen. Dazu wurde die Tests auch von einer Person ohne Vorerfahrungen mit Steuererklärungen durchgeführt.
Wie die Programme ihre Vorausberechnung erstellen interessiert ebenso. Trotz gleicher Gesetzeslage errechnen die Programme nicht alle dieselben Werte. Dies wird einerseits beeinflusst durch den Programmpreis, da dieser unter Werbungskosten abgesetzt werden kann. Auch nahmen wir beim Testen Tipps wie vorgeschlagene Pauschalen an. Welche Interpretationen das jeweilige Finanzamt zulässt, ist ohne tiefe Fachkenntnis schwer zu sagen und sprengt unseren Testrahmen. Die Erstattungen bewegten sich mit einer Ausnahme in einer plausiblen Spanne.
Errechnete Rückerstattungen der Programme
Software | berechnete Rückerstattung | |||
---|---|---|---|---|
Testfall 1 | Testfall 2 | Testfall 3 | ||
tax | 125,00 € | 513,87 € | 471,54 € | |
WISO Steuer Web | 32,00 € | 551,82 € | 463,00 € | |
SteuerSparErklärung | 93,00 € | 548,64 € | 473,90 € | |
Taxman Standard | 51,00 € | 550,82 € | 482,44 € | |
smartsteuer | 77,00 € | 493,25 € | 519,14 € | |
QuickSteuer Standard | 41,00 € | 546,46 € | 456,46 € | |
Lohnsteuer kompakt | 396,00 €*/141,00 € | 1182,57 €*/551,91 € | 2130,48 €*/527,68 € | |
*Berechnung, die der Anleitung von Lohnsteuer kompakt folgte |
Die Ausnahme Lohnsteuer kompakt müssen wir rügen. Füllt man die Eingaben wie vom Programm gefordert, waren die errechneten Erstattungen sehr viel höher. Nur durch den Vergleich mit den anderen Programme und deren Hinweise war dies bemerkbar. Wir haben die Eingaben für einen sinnvollen Vergleichswert angepasst. Fakt ist, dass Neulinge von diesem Angebot dringendst abzuraten ist. Im Test haben wir dies mit zehn Minuspunkten bestraft.
Testfall Eins: Single in Berlin
Für unseren ersten Fall wollten wir einen Einzelhaushalt abbilden. 35 Jahre, wohnhaft in Berlin, Steuerklasse I und ein Einkommen von 45.000 Euro im Jahr. Gearbeitet wurde eine normale Fünf-Tage-Woche mit 30 Tagen Urlaub. Unser Beispiel wohnt direkt in einer Großstadt und braucht nur zwei Kilometer zur Tätigkeitsstätte. Jedoch wurden als Redakteur rund die Hälfte der Arbeitstage ganz im Homeoffice verbracht. Die jeweiligen Programme sollten damit dann auch die Arbeitstage im Büro sowie die Pendlerpauschale selbst ermitteln können.
Einige Besonderheiten waren nur bei diesem Fall vorhanden. Für zwei Monate im Jahr wurde ein Zehn-Quadratmeter-Zimmer der Eigentumswohnung in unserem Planspiel zwei Monate für insgesamt 700 Euro untervermietet. In Folge dessen berechneten wir eine Annonce für 50 Euro, Nebenkostenanteile der Vermietung und eine Abschreibung der kompletten Möblierung für das vermietete Zimmer (3.500 Euro über zehn Jahre). Bei einem familiären Todesfall beteiligt sich unser Musterfall mit 3.000 Euro an der Bestattung. Zuletzt kostete eine Teilnahme für ein Fortbildungsseminar 2.000 Euro in unserem Beispiel.
Soweit die speziellen Rahmenbedingungen, aber es gab einige Konstanten, die wir alle drei Fälle absetzen ließen: Telefonkosten von 80 Euro pro Monat, ein Softwareabo für 99 Euro im Jahr und einen Laptop für 600 Euro, der zu 70 Prozent beruflich genutzt wird. Kosten für Büromaterial waren individueller und hier 25 Euro im gesamten Jahr. Alle drei Beispiele spendeten für einen guten Zweck, wenn auch in unterschiedlicher Höhe. Testfall I gab 50 Euro dafür aus.
Testfall Zwei: Alleinerziehend in Potsdam
Für Fall zwei betrachten wir eine Familie mit einem 30-jährigen Elternteil und einem siebenjährigen Kind, wodurch das Elternteil in die Steuerklasse II fällt. Mit einem Gehalt von 35.000 Euro pro Jahr wohnt der Beispielarbeitnehmende weiter entfernt von der Tätigkeitsstätte, 25 km. In diesem Fall gab es eine reguläre eine Fünf-Tage-Woche mit 25 Urlaubstagen und zehn Krankheitstagen als Arbeitszeit. Hier wurde ebenfalls an zwei Dritteln der Arbeitstage im Homeoffice gearbeitet, allerdings durch die Arbeit als Lehrkraft nicht ganztägig, sodass Homeoffice und normale Werktage über die üblichen Anzahl von Arbeitstagen hinausgingen. Die Programme sollten trotzdem die Homeofficepauschale korrekt anwenden können.
Diese weiteren Ausgaben mussten die Programme mit einrechnen. Für die Kinderbetreuung im Hort wurde pro Monat (und pro Kind) 100 Euro veranschlagt, die vom erziehenden Elternteil allein getragen wurden. Kirchensteuer wurde ebenfalls geleistet, anders als im Fall Eins. Die Lehrkraft ist zudem Mitglied in einer Gewerkschaft, deren Gebühren sie mit 270 Euro pro Jahr begleicht, und hat eine Berufsunfähigkeitsversicherung, deren Beitrag auf 720 Euro pro Jahr gesetzt wurde.
Aufwand für Arbeitsmittel waren hier ebenfalls höher. Neben den festen Größen aus Testfall I (Telefonrechnung 80 Euro, Laptop 600 Euro mit 70 Prozent beruflicher Nutzung, jährliches Softwareabo 99 Euro) kommen je 100 Euro für Büromaterial und Fachliteratur hinzu. Außerdem wird ein Aktenschrank über zehn Jahre abgeschrieben und die angerechnete Kosten pro Jahr dafür sind 150 Euro. Da das Budget knapper ist, leistete dieses Beispiel eine anrechenbare Spende von 20 Euro.
Testfall Drei: Familie mit Kindern in Sachsen
Letztes fiktives Szenario ist eine Ehe, 45 und 39 Jahre, mit zwei Kindern, die sieben und neun Jahre alt sind. Sie lassen sich als Steuerklasse III und V gemeinsam veranlagen, denn ihre Gehälter sind deutlich unterschiedlich: einmal 70.000 Euro im Jahr und einmal 21.000 Euro im Jahr. Seit sechs Jahren leben sie verpartnert auf dem Dorf in einer Entfernung von 32 bzw. 13 km zur Arbeit. Ein Ehepartner arbeitet eine Fünf-Tage-Woche, der andere drei bis vier Tage die Woche. Beide haben Anspruch auf 25 Urlaubstage und keine Krankheitstage. Zusätzlich kam noch eine Geschäftsreise über ein Wochenende hinzu, deren Kosten angerechnet wurden.
Hortkosten pro Kind sind hier ebenfalls als 100 Euro pro Monat angesetzt. Für den Partner in Vollzeit hat die Familie ebenfalls eine Berufsunfähigkeitspolice, die preislich mit 1.440 Euro im Jahr teurer als bei Testfall II ist. Letzte spezifische Ausgabe der Familie sind Lohnkosten für Handwerker, die sie im vergangenen Jahr für die Umgestaltung des Gartens angeheuert haben. Sie belaufen sich auf 10.000 Euro.
Die Arbeitsmittelkosten orientieren sich an den anderen Fällen. Büromaterialen von 50 Euro pro Person, Fachliteratur für je 200 Euro und ein Softwareabo von 99 Euro wurden angegeben. Jeder Ehepartner setzt einen separaten Laptop (600 Euro bei 70 Prozent beruflicher Nutzung) und einen eigenen Büroschrank (1.500 Euro über zehn Jahre verteilt) ab. Zuletzt wurden noch Spenden in Höhe von 200 Euro geleistet.
Erklärungen für die schwankenden Werte
Viele Programme werben damit, wie hoch ihre Rückerstattungen sind und nicht wie genau. Selbst wenn alle Programme mit den gängigsten Sachverhalten und Steuerfällen umgehen können, gibt es doch immer wieder Punkte, an denen sie anecken. Trotz einheitlicher Gesetze können sie unterschiedliche Ergebnisse produzieren, da während des Tests die einzelnen Programmhinweise befolgt wurden. Ein paar Beispiele:
- Um die Pendlerpauschale zu ermitteln, müssen Programme zuerst die Anzahl der Arbeitstage einschätzen. Bei unterschiedlichen Rechenkernen gab es da auch unterschiedliche Ergebnisse. Die Drei-Bis-Vier-Tagewoche, Homeoffice und auch die Dienstreise trugen zu Varianz bei. In unserem Test waren dies meist ein oder zwei Tage, aber bei längeren Anfahrtswegen können die entscheidenden Geldmengen hoch ausfallen.
- Die Aufschlüsselung der Werbekosten nach Anteil der beruflichen Nutzung ist für eine Einzelveranlagung in fast allen Programmen einfach nachvollziehbar. Ausnahme Lohnsteuer kompakt. Eine großer Teil der Varianz ergibt sich aus Anrechnung der Telekommunikationskosten. Nach Angabe der Jahressumme fragt die Anwendung nicht nach dem Anteil beruflicher Nutzung, sondern zieht diese in voller Höhe ab. Pauschal erkennen Finanzämter meist nur 20 Prozent davon an. Nach entsprechenden Hinweisen muss der Nutzer tief graben. Wir haben zum Erhalt des Vergleichswertes das Fünftel der Kosten eingetragen.
- Noch schwieriger wird es, wenn sich zwei Ehepartner Arbeitsmittel teilen. Hier wird steuerlich erst nach Nutzungsanteil pro Person und dann nach Anteil der beruflichen Nutzung aufgesplittet. Beispiel Telefongebühren: jeder Ehepartner kann bei der pauschalen beruflichen Nutzung 20 Prozent für sich anrechnen lassen, was jedoch bei einem 50/50 Splitt nur zehn Prozent der Gesamttelefonkosten entspricht. Wird die Nutzung dann noch auf andere Einkommensarten wie Vermietung aufgeteilt, nimmt die Übersichtlichkeit der Aufteilung stark ab.
- Die Abschreibung der Möbel für das vermietete Zimmer wurde von einigen Programmen vollständig und von anderen anteilig auf die Wohnung aufgeteilt.
- Einige Programme schlagen eine pauschale Geltendmachung für kleinere Büromaterialen vor. Nicht alle geben aber auch den hilfreichen Hinweis, welche Bundesländer dies in der Vergangenheit akzeptiert haben oder dass das Absetzen von weiteren Büromaterialien zur Pauschale hinzu oft abgewiesen wird.
Schlussbemerkungen
Unsere Testfälle deckten in erster Linie kleinere Eigenarten der Programme auf. Ein Steuererklärungsprogramm sollte zuerst für die eigenen Bedürfnisse ausgelegt sein. Wer keine komplizierten Grenzfälle zu erwarten hat, muss sich nicht gleich in die steuerrechtlichen Tiefen für eine vermeintlich höhere Rückerstattung stürzen. Viel wichtiger ist zuallererst, dass ein Programm alle nötigen Anlagen für die eigenen Belange unterstützt.