Änderungen bei der Verbraucherinsolvenz auf Juli 2014

Schuldnerberatung
© Birgit Reitz-Hofmann – Fotolia.com

Zum 1. Juli dieses Jahres haben sich die Verbraucherinsolvenz-Regeln in Deutschland geändert. Auf die Verbraucher in Deutschland, welche in die Privatinsolvenz gehen möchten, kamen damit zum Teil gravierende Änderungen zu, die auch von Verbraucherschützern nicht immer gut geheißen werden.

Dieser Ratgeber soll einen Überblick über die Änderungen bei der Verbraucherinsolvenz geben. Zudem finden Sie am Ende des Ratgebers Informationen zu Schuldnerberatungen, an die Sie sich bei Fragen zur Privatinsolvenz und aderen Neuregelungen wenden können.

Ein Überblick zu den Änderungen bei Privatinsolvenz

Drei Jahre statt sechs Jahre – schneller Entschulden wie bisher

Vor allem eines macht die Änderungen bei der Verbraucherinsolvenz auf Juli 2014 so gravierend: Ab diesem Stichtag ist es für Schuldner möglich, sich statt der bisher auf sechs Jahre festgelegten Zeit in bereits drei Jahren zu entschulden.

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Dies ist ein hehres Ziel und würde zahlreiche verschuldete Privatpersonen in Deutschland, die in eine solche Insolvenz gehen, deutlich entlasten. Wäre doch der finanziell Neustart damit deutlich früher möglich wie bisher. Doch irgendwie erscheint vieles, was in diesen Wochen entschieden wurde, mehr wie Gold zu glänzen, denn wirklich Gold zu sein. Dies gilt auch für die Änderungen beim Insolvenzrecht für Verbraucherinsolvenzen.

Natürlich ist es für viele hoch verschuldete Verbraucher sehr verlockend, so binnen relativ weniger Jahre aus der Überschuldung zu kommen und neu anfangen zu können. Ganz so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint, ist die Sache dann doch nicht. Dann wäre alles, was einfach ist,  doch zu einfach – zumindest wenn es um das deutsche Insolvenzrecht und die Befreiung von Schulden geht.

Die fatale 35 %-Quote

Anfangs sollte es nur eine Quote von 25 Prozent sein von dem Schuldenbetrag, der binnen dreier Jahre zur Restschuldbefreiung führen sollte. Doch wenn etwas geplant ist bei einem Gesetzentwurf, das auch noch gut wäre, heißt dies nicht auch, dass es dann auch bei einem kommenden Gesetz umgesetzt werden wird.

So wurden aus den 25 Prozent die 35 Prozent-Quote, die nun eine richtige Schere zwischen die gering verdienenden und gut verdienenden Schuldner treibt. Damit ist sicher, dass ein Schuldner, der früher als die bisherigen sechs Jahre von seiner Restschuld befreit werden möchte, mindestens 35 Prozent seiner Schuldensumme an den Insolvenzverwalter bezahlen muss, zuzüglich der Kosten für das Verfahren und den Insolvenzverwalter selbst, welche in der 35 Prozent-Quote noch nicht enthalten sind.

Bei einer Verschuldung von 100.000 Euro sind dies immerhin 35.000 Euro, die binnen der wenigen Jahre an den Insolvenzverwalter gehen müssen. Nicht eingerechnet sind hierbei, die Kosten, die für das Gericht und den Insolvenzverwalter anfallen. Wer stark verschuldet ist aber kein hohes Einkommen hat, um eine solche Summe aufzubringen, der hat keine Chance, vorzeitig aus dem Insolvenzverfahren entlassen zu werden und schneller neu anfangen zu können.

Damit ist letztlich aus dem Gedanken, der einstmals gut war, eine sehr schlechte Lösung geworden. Wer einen finanziellen Neustart hinlegen möchte, der muss nun doch wieder über den vollen Zeitraum der Regelinsolvenz gehen, anstatt früher aus dem Verfahren aussteigen zu können. Dieser Teil der Reform der Verbraucherinsolvenz ist damit völlig in die Hose gegangen und wird nur sehr wenigen Schuldnern überhaupt die Möglichkeit geben, vorzeitig den Weg der Restschuldbefreiung gehen zu können.

Nach fünf Jahren vorzeitige Restschuldbefreiung möglich

Wer sich die 35 Prozent Quote nicht leisten kann, der hat immerhin die Möglichkeit, nach fünf Jahren in die Restschuldbefreiung zu gehen. Dazu muss er allerdings so viele Mittel haben, dass er in der Lage ist, die Kosten für den Insolvenzverwalter, sowie die Zustellungskosten und die Gerichtskosten zu bezahlen. Laut Angaben der Verbraucherzentrale NRW ist dies nicht gerade wenig. Die in Düsseldorf ansässige Verbraucherzentrale schreibt dazu: „[…] wenn keine zu verteilenden Mittel vorhanden sind, sind das in der Summe rund 1.500 bis 2.000 Euro“.

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Dadurch ist es möglich, das Regelverfahren von sechs auf fünf Jahre abzukürzen und immerhin so einen Neustart in finanzieller Hinsicht wagen zu können. Aber auch diese Summe wird nicht jeder aufbringen können, davon ist gerade bei den Schuldnern auszugehen, die zwar eine hohe Forderungssumme zu stemmen haben, aber z. Bsp. aus Gründen der Arbeitslosigkeit und/oder wegen gesundheitlichen Problemen nicht dazu in der Lage sind, einer Arbeit mit einem genügend hohen regelmäßigen Einkommen nachzugehen. Hier wird dann wieder mit zweierlei Maß gemessen, anstatt zu sagen: Ok, nach fünf Jahren machen wir für all die einen Schnitt, die sich bis dahin rechtmäßig verhalten haben.

Insolvenzverwalter bekommen mehr Befugnisse

Neu bei der Verbraucherinsolvenzreform ist zudem die Erweiterung der Befugnisse des Insolvenzverwalters. Die bisherige Regelung, die besagte, dass der Insolvenzverwalter Rechtsgeschäfte, die vor Insolvenzantrag seitens des Schuldners getätigt wurden, nur im Auftrag der Gläubiger durch Anfechten ungültig gemacht werden können, ist damit vom Tisch. In Zukunft kann der Insolvenzverwalter solche Rechtsgeschäfte anfechten, wenn er ein eigenes Interesse daran hat. Dies können ganz unterschiedliche Rechtsgeschäfte sein, u.a. Schenkungen an Verwandte oder das Abzahlen von Forderungen.

Damit kann der Insolvenzverwalter deutlich stärker wie bisher in das Geschehen vor dem Insolvenzantrag eingreifen und, je nach Möglichkeiten, zu seinen eigenen Gunsten nutzen.

Kein Rückzahlungsprivileg mehr bei Arbeitgeberdarlehen

Mit Einführung der Reform des Verbraucherinsolvenzrechts gibt es kein Rückzahlungsprivileg mehr bei Arbeitgeberdarlehen. Bislang hatten Darlehen seitens des Arbeitgebers, deren Ratenzahlungen direkt vom Gehalt bzw. Lohn einbehalten werden konnten, ein Privileg bei der Privatinsolvenz des Arbeitnehmers. Dies ist mit dem neuen Insolvenzrecht nicht mehr vereinbar, der Arbeitgeber hat keine bevorzugte Stellung mehr bei der Verbraucherinsolvenz, sondern seine Forderungen werden mit dem neuen Recht wie die Forderungen aller anderen Gläubiger behandelt.

Auto nicht wichtig? Kommt in die Insolvenzmasse!

Früher war es möglich, das Auto zu behalten und aus der Insolvenzmasse heraus zu halten, indem ein Geldbetrag gezahlt wurde. Dies war unabhängig davon, ob das Auto überhaupt benötigt wurde für den Alltag oder nicht. Diese alte Regelung gilt seit der Reform des Verbraucherinsolvenzrechts nicht mehr. Ist das Auto nicht wichtig, das heißt, wird es weder für die Fahrt zur Arbeit noch aus gesundheitlichen Gründen benötigt, kann der Insolvenzverwalter das Auto nach Gutdünken einkassieren und verkaufen. Der erzielte Verkaufserlös fließt in die Insolvenzmasse und wird für die Verfahrenskosten verwandt und/oder verteilt auf die Gläubiger.

Steuerschulden sind zum Teil ausgenommen von der Privatinsolvenz

Steuerschulden stehen vor anderen Schulden. Die Finanzämter müssen sich damit nicht bei anderen Gläubigern einreihen, wenn sie ihr Geld haben wollen. Dies gilt auch für das  neue Insolvenzrecht für Verbraucherinsolvenzen. Die Schulden beim Finanzamt sind teilweise ausgenommen von der Restschuldbefreiung, was eine tragfähige Privatinsolvenz oft schwerer macht für hoch verschuldete Verbraucher.

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Insolvenzplanverfahren als Alternative?

Eine andere Möglichkeit als die Restschuldbefreiung über das normale Insolvenzverfahren ist das neu eingeführte Insolvenzplanverfahren für Verbraucher. Hoch verschuldeten Privatpersonen, die nicht die Möglichkeit haben, die Kosten des Verfahrens sowie 35 Prozent der Forderungen der Gläubiger zu zahlen, steht mit der Änderung des Verbraucherinsolvenzrechts der Weg in ein Insolvenzplanverfahren offen.

Damit haben Verbraucher die Möglichkeit, im Rahmen der Insolvenz einen Abzahlungsplan vorzulegen, der von der Gangart der Restschuldbefreiung abweicht. Akzeptieren die betroffenen Gläubiger den Plan im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens, gibt es die Möglichkeit, eine Entschuldung ohne das übliche Restschuldbefreiungsverfahren durchzuführen.

Nachteile der Reform der Verbraucherinsolvenz

Eine Verkürzung der Restschuldbefreiung von sechs Jahren auf nur drei Jahre war eine wünschenswerte Sache. Nach der Befreiung von der Restschuld haben Schuldner so die Möglichkeit schneller als vor Einführung der Reform, wieder aus der Insolvenz heraus zu kommen und finanziell damit wieder Boden unter die Füße zu spürenn. Doch was wünschenswert war, ist alle andere als gut geworden.

Durch die hohe Quote von 35 Prozent, welche für die vorzeitige Restschuldbefreiung erforderlich ist, können nur gut verdienende Schuldner von der Reform des Verbraucherinsolvenzrechts profitieren. Hoch verschuldete Geringverdiener oder Erwerbslose haben so keine Chance, den Sprung innerhalb von drei Jahren zu schaffen und müssen dadurch das komplette Restschuldbefreiungsverfahren durchlaufen. Dies schafft große Unterschiede zwischen den Schuldnern und ist damit eine Lösung, mit der nur wenigen gedient ist.

Online-Schuldnerberatung durch die Caritas und die AWO

Termine bei einem guten Schuldnerberater zu bekommen, ist oft schwierig und eine langwierige Angelegenheit. Inzwischen gibt es neben den zahlreichen privaten Anbietern von Schuldnerberatung die MöglichkeitOnline-Schuldnerberatungen in Anspruch zu nehmen. Möglich machen dies die Caritas und die Arbeiterwohlfahrt (AWO).

Dadurch haben verschuldete Personen und Haushalte die Möglichkeit, Informationen und Auskünfte online einzuholen, ohne deshalb gleich einen Termin bei einer Schuldnerberatung vereinbaren oder abwarten zu müssen. Eine Online-Schuldnerberatung bedeutet jedoch keine (!) Rechtsberatung, zudem kann darüber kein Insolvenzverfahren angestrebt werden. Hierfür ist eine Schuldnerberatung mit einem entsprechenden Schuldnerberater vor Ort notwendig.

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Die Möglichkeit der Online-Schuldnerberatung bei der Caritas und weitere Informationen dazu gibt es hier.

Mehr Informationen über die Schuldnerberatung bei der Arbeiterwohlfahrt und die Möglichkeit der Online-Schuldnerberatung bei der AWO gibt es hier.

Öffentliche Schuldnerberatung in Städten und Regionen

Neben der Caritas und der AWO bieten auch die Städte und Regionen die Möglichkeit der Schuldnerberatung an. Diese ist in der Regel kostenlos, nur wenn die Privatinsolvenz angestrebt und durchgeführt führt, fallen die Kosten für das Verfahren und den Insolvenzverwalter an.

Um die nächste öffentliche Schuldnerberatung in seiner Nähe zu finden, kann im Internet über die jeweilige Infoseiten der Städte oder Regionen nach einer solchen Beratungsstelle gesucht werden. Zudem gibt es die Möglichkeit, direkt beim zuständigen Rathaus oder Bürgeramt nach einer Schuldnerberatung zu fragen.

Vorsicht vor privaten Schuldnerberatungen?

Neben den Schuldnerberatungen durch Wohlfahrtsgesellschaften wie die AWO und die Caritas und die öffentlichen Einrichtungen in Städten und Regionen gibt es zahlreiche private Schuldnerberatungen.

Wie gut oder schlecht diese sind, lässt sich als Außenstehender  wenig beurteilen. Es sollte aber nicht vergessen werden, dass diese nicht-öffentlichen und nicht gemeinnützigen Schuldnerberatungen ihre Beratung nicht kostenlos durchführen (können). Wer aber hoch verschuldet ist, der wird kaum noch Geld übrig haben für eine solche Beratung, zumal das mögliche Insolvenzverfahren weitere Kosten mit sich bringt.

Dies will gut überlegt sein, selbst wenn die Zeit drängt und es lange dauert bis es einen freien Termin bei einer kostenlosen Schuldnerberatung gibt. Dann: Lieber länger warten,dafür aber gut und uneigennützig beratenwerden, als Geld auszugeben, dass nicht übrig ist, ist vielleicht der bessere Weg raus aus den Schulden.


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