Das Bankgeheimnis war jahrzehntelang das Geschäftsmodell von Banken in Staaten wie der Schweiz, Liechtenstein und auch Österreich. Doch die Zeiten ändern sich, von Seiten der Europäischen Union, von Seiten Deutschlands und auch innenpolitisch wächst der Druck auf die einzelnen Länder. Steuern hinterziehen wird längst nicht mehr als Kavaliersdelikt angesehen, sondern mit immer härteren Strafen verfolgt.
In den letzten Jahren hat sich viel verändert. Das Bankgeheimnis stirbt nach und nach aus, eine wichtige Ära endet. In Österreich geht inzwischen die Angst vor einem neuen Gesetz um, das noch viel tiefer gehen könnte, als befürchtet. Die Schweiz hat sich der EU angebiedert und gibt das ehemals weltweit so wichtige Schweizer Bankgeheimnis preis. Geld in anderen Ländern außerhalb Deutschlands beiseite schaffen, aus welchen guten oder bösen Gründen auch immer, wird damit erschwert.
Das Ende des Bankgeheimnisses in Österreich
Derzeit geht es in unserem Nachbarland richtig zur Sache. Das Bankgeheimnis in Österreich soll abgeschafft werden. Die Steuerreform soll tiefgreifend denn je werden, inzwischen hat sich ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka Presseberichten nach jedoch dem innerparteilichen Druck gebeugt und versicherte, dass die Reformvorlage so drastisch wie geplant nicht kommen werde.
Die einfache Konto-Schau, welche in der geplanten Steuerreform enthalten war, konnte die ÖVP in ihren eigenen Reihen so nicht durchbringen. Damit bleibt der österreichische Bürger und Unternehmer möglicherweise doch verschont vor dem, was ihm gedroht hat: Der Sichtnahme des Bankkontos und der Kontobewegungen, ohne dass es eine richterliche Anordnung oder Verordnung dazu geben muss. Doch wie es wirklich kommen wird, dies wird sich letztlich erst zeigen, wenn die Steuerreform auf dem Papier steht. Anleger, die ihr Geld in Österreich haben, sollten sich deshalb vielleicht noch nicht zu früh freuen.
Denn ist damit wirklich alles vom Tisch? Oder geht die Sache nicht in Wirklichkeit viel tiefer? Die Presse.com berichtet von kommenden Methoden, die sehr nach einer Big Brother-Manier klingen.
Fingerabdrücke bei schon geringen Finanzdelikten
Österreich steht vor einem Umbruch mit seinem umfassenden Steuerreformgesetz. Nachdem erst die Einlagensicherung des Landes völlig auf den Kopf gestellt wurde. (Artikel dazu hatte ich geschrieben, hier passend zum Verlinken) Kommt nun das Thema Steuern und Bankgeheimnis dran.
Surftipp: Einlagensicherung in Europa
In dem bereits oben genannten Artikel berichtet die „Presse“, dass in Zukunft bei „bedeutenderen Finanzvergehen“ Fingerabdrücke genommen werden können. Dies sei im Steuerreformgesetz so niedergelegt.
Die „Presse“ dazu: „Die Finanzbehörden wollen künftig nämlich auch Fingerabdrücke nehmen können. Die Abdrücke sollen zur Aufklärung von „bedeutenderen Finanzvergehen“ verwendet werden. Auch IP-Adressen will die Finanz haben, um feststellen zu können, wer hinter einem bestimmten E-Mail steckt.“
Im Zusatz zu § 99 Finanzstrafgesetz wird nach Angaben der „Presse“ das Wort Fingerabdrücke nicht erwähnt, stattdessen ist die Rede von „Papillarlinienabdrücke“. Wie die Presse.com weiter berichtet, soll in dem neuen Absatz zum genannten Gesetz niedergelegt werden: „Soweit es für die Aufklärung von gemäß § 58 Abs. 2 lit.a in die Zuständigkeit eines Spruchsenates fallenden Finanzvergehens zweckdienlich ist, ist die Finanzstrafbehörde auch befugt, von Beschuldigten, von denen aufgrund bestimmter Tatsachen angenommen werden kann, dass sie Spuren hinterlassen haben, Papillarlinienabdrücke zu nehmen.“
Damit ist die Latte für die Abnahme von Fingerabdrücken recht niedrig gesetzt. Bei Zollangelegenheiten soll diese bei nur 15.000 Euro gelten, bei Steuerhinterziehung ab einem Betrag von 30.000 Euro. Eine Speicherung der Abdrücke soll indes nicht erfolgen, nach Ende des Strafverfahrens sollen diese vernichtet werden. Wie dies kontrolliert werden soll, bleibt jedoch fraglich.
Schweiz knickt vor der EU ein
Die Schweiz hat der Geschichte des Bankgeheimnisses in der Alpenrepublik nun endgültig ein Ende gesetzt. Am 27. Mai 2015 unterzeichneten Jacques de Watteville, der Schweizer Staatssekretär für internationale Finanzfragen, EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici und als lettischer Finanzminister der Vertreter der lettischen EU-Ratspräsidentschaft, Jānis Reirs, das bilaterale AIA.
Das Abkommen über den automatischen Informationsaustausch hat zur Folge, dass ab dem Jahr 2017, in allen 28 Staaten der Europäischen Union und der Schweiz Kontodaten erhoben werden können. Zudem soll ab 2018 ein gegenseitiger Austausch der Daten erfolgen können. Der AIA-Standard wird somit eingeführt, das bislang geltende Zinsbesteuerungsabkommen wird durch das neue Abkommen ersetzt.
Was sich nun so nüchtern anhört, hat drastische Folgen. Nicht nur bei der Verfolgung von Steuersündern, die somit deutlich verbessert wird. Sondern für jeden einzelnen Bürger, dessen Finanzdaten transparenter werden, als dies jemals zuvor der Fall war.
Bankgeheimnis passé – der gläserne Bürger lebt!
In den letzten Jahren wurde oft auf die USA geschimpft. Wie sehr die Vereinigten Staaten ihre Bürger und die Bürger anderer Staaten ausspionieren würde. Nun aber kommt der Zug nicht aus den USA, sondern Europa selbst hat sich dazu aufgemacht, dem Bankgeheimnis ein Ende zu setzen.
Dabei geht es nicht nur um die Verfolgung von Steuersündern, sondern zugleich darum, Einblicke in das Portemonnaie der Bürger zu erhalten. Dass diese Bestrebung gleichzeitig mit der Forderung von immer mehr Ökonomen und Regierungen einhergeht, das Bargeld einzudämmen, oder gleich ganz abzuschaffen. Mutet langsam aber sicher nicht mehr wie ein Zufall an.
Wer jetzt denkt: die Sichtung der Bankdaten betrifft doch in vielen Fällen nur Unternehmen, der denkt die Sache nur von einer Seite an. Werden die Finanzdaten von Unternehmen mit den einzelnen Transaktionen, und nicht nur die Abschlüsse bestimmter Zeitintervalle beleuchtet, kann schnell Rückschlüsse auf Käufer von Waren und Empfänger von Dienstleistungen geschlossen werden.
Was Bürger tun können
Spätestens wenn das Ende des Bankgeheimnisses gekommen ist, wird es an der Zeit, dass die Bürger sich fragen, was sie tun können. Wollen sie wirklich alle ihre Finanzen und Finanzdaten preisgegeben wissen? Oder zumindest einen Teil ihres Geldes nur für sich selbst und in den eigenen Händen wissen?
Die Zeiten werden immer schwieriger, wenn es darum geht, dass nur die Bürger selbst, und deren Banken, Augen auf die Finanzen haben. Die Transparenz geht immer weiter, und immer tiefer. Dies zeigt auch die Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland. Natürlich ist eine Bekämpfung von Steuerkriminalität und anderen Verbrechen wichtig, dies steht außer Frage. Schließlich bringt Steuerhinterziehung die einzelnen Länder bzw. deren Wirtschaft Jahr für Jahr um Milliarden.
Aber: Verbrechensbekämpfung vorzuschieben, um den Behörden immer mehr Einsicht zu erlauben. Ohne dass überhaupt noch Genehmigungen dazu vor Gericht eingeholt werden müssen. Lassen eher die Vermutung zu, dass es hier nicht nur um Bekämpfung von Steuerdelikten, sondern um Ausspionieren der einzelnen Bürger und Unternehmen geht.
Was der Einzelne tun kann, um nicht diesen neuen Regeln unterworfen zu werden? Das ist eine schwierige Frage in einer Zeit, in welcher der Mensch immer gläserner geworden ist. Jeder und Jede muss hier eigene Lösungen finden. Die Verteilung der eigenen Gelder auf verschiedene Banken, möglichst in verschiedenen Ländern, mag hier ein Ansatz sein. Natürlich nicht, um Steuern zu hinterziehen, sondern um nicht ständig im Visier der eigenen Behörden sein zu müssen.
Geld, das früher einstmals etwas Privates war, über das nicht gesprochen wurde, ist zum offenen Buch für Behörden geworden. Privatsphäre, wie vor allem die Schweizer Nummernkonten es einst boten, war wichtig. Doch diese Zeiten sind vorbei. Fast automatisch erfolgt inzwischen eine Stigmatisierung des Einzelnen, wenn er einen Teil seines Geldes in einem anderen Land anlegt, um es vor den Zugriffen der eigenen Behörden zu schützen.
Dabei geht es vielen nicht mal in erster Linie um das Hinterziehen von Steuern. Sondern darum, in einem anderen Land und damit einem anderen Bankensystem mehr Sicherheit zu haben. Bei kommenden Bankenpleiten, wie sie durch einen Grexit (den Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone) durchaus möglich sind.
Was kommen kann: Kontrolle außer Kontrolle
Nun kann man Steuerreformen und das Ende des Bankgeheimnisses natürlich von unterschiedlichen Warten aus sehen. Die Behörden wollen ihre Zugriffsmöglichkeiten haben, die Bürger ihre Privatsphäre behalten, die Unternehmen frei wirtschaften können. Hier treffen von den Bedürfnissen her Welten aufeinander, das Eingehen von Kompromissen ist erforderlich.
Für die Zukunft des Bankgeheimnisses bzw. dessen zumindest kleine Bewahrung bedeutet dies die Erforderlichkeit von Gerichtsbeschlüssen zur Einsichtnahme in Konten.Doch was ist, wenn einfach weiter gegangen wird, und die Kontrolle außer Kontrolle gerät? Wenn solche Beschlüsse bei den Gerichten einfach nur noch abgenickt werden, weil der Aufwand der Bearbeitung zu groß wird? Wenn die Nachfragen der Behörden immer mehr werden, und die Anträge sich gar nicht mehr einzeln bewältigen lassen? Was ist, wenn die Kontrolle außer Kontrolle gerät?
Bereits durch die starke Aufweichung des Bankgeheimnisses wird jeder Bürger schon pauschal kriminalisiert. Zudem gilt eines: ist der Bürger erst einmal weichgeklopft und hat sich an eine solche Kontrolle gewöhnt, ist es ein einfaches, noch einen Schritt weiter zu gehen und völlige Transparenz zu schaffen.
Fazit:
In den Jahren 1946 bis 1948 schrieb der Brite George Orwell seinen düsteren Zukunftsroman „1984“. Heute, knapp 70 Jahre später, erweisen sich die dystopischen Phantasien des Schriftstellers als zeitgemäßer denn je.
Das Ende des Bankgeheimnisses in Europa, das Ende der berühmten Schweizer Nummernkonten, die Vorratsdatenspeicherung und die immer mehr forcierte Abschaffung von Bargeld zeigen den Beginn einer Zukunft auf, welche Orwell damals schon in seinem gläsernen Menschen, überwacht vom „Großen Bruder“, gesehen hat.
Die Abnahme von Fingerabdrücken in Österreich bei vergleichsweise geringen Finanzdelikten, die Speicherung von IP-Adressen und Mobilfunkverbindungen in Deutschland. Geht damit einher. Wir leben in einer Zeit, in der sich die Geister scheiden: Transparenz vor der Freiheit des einzelnen Bürgers?
Diese Frage ist etwas, was sich jeder und jede Einzelne in den kommenden Jahren wird beantworten müssen. Wird der Weg weiter beschritten, wird am Ende die Freiheit am Boden liegen und der gläserne Bürger zu einer umfassenden Wahrheit werden. Wer jetzt sagt: aber da geht es doch nur um Strafverfolgung, der wagt es nicht, das umfassende Ganze zu sehen…
Unsere Top 5 Girokonten
» Alle Girokonten im Vergleich betrachten