Bislang war das Thema „Islamic Banking“ hierzulande eher ein Randthema. Dies wird sich nun wohl ändern: Die 1. islamische Bank hat durch die BaFin eine Vollbank-Lizenz in Deutschland erhalten. Damit kann die Kuveyt Türk Bank AG, die bereits seit mehreren Jahren eine Filiale in Mannheim hält, voll als Bank tätig werden und entsprechend über ihre bisherige Lizenz hinausgehende Bankgeschäfte anbieten.
Für die Bankkunden, welche sich mit diesem Thema befassen wollen, stellen sich nun natürlich einige Fragen. Der islamische Glaube hat andere Vorgaben bzgl. Banken und Bankgeschäften als es in Deutschland normalerweise von Banken und Sparkassen praktiziert wird.
So gibt es beim Islamic Banking beispielsweise ein Zinsverbot, bestimmte andere Geschäfte und Investitionen sind ebenso verboten.
Uns geht es im Rahmen dieses Themas vor allem darum beide Seiten zu beleuchten:
- Zum einen die Vorgaben, welche der Islam in Sachen Geldgeschäfte macht und die durchaus zu respektieren sind und
- zum anderen die Widersprüche und möglichen Konflikte des Islamic Banking zu betrachten.
Das Zinsverbot ist ein wichtiges Thema
Bankenrecht nach islamischem Recht (Islamisches Recht, d. h. Koran-konform = Scharia) ist etwas Anderes als wir Bundesbürger es von unseren Banken kennen. Während es bei Geldgeschäften mit Banken und Sparkassen oft um Zinserträge und die Vergabe von Immobilienkrediten mit langen bis sehr langen Laufzeiten geht, sieht dies beim Islamic Banking ganz anders aus.
Hier gilt nach islamischem Recht das Verbot für einen Kredit sowohl Zinsen zu nehmen wie auch Zinsen zu bezahlen. Das Verbot des Riba findet sich im Koran, der Grundlage des islamischen Glaubens, an gleich mehreren Stellen. Unter anderem ist es niedergelegt in Sure 2,275. Dort heißt es: „Diejenigen, die den Mehrungszins verzehren, sollen nicht anders dastehen als wie derjenige, der von dem Satan geschlagen und zum Wahnsinn getrieben wird. Dies weil sie sagen: Der Verkauf ist dasselbe wie der Mehrungszins. Und Allah hat den Verkauf zugelassen und er hat den Mehrungszins untersagt.“
In Sure 3,130 heißt es dazu: „O Ihr Gläubigen, verzehrt nicht Wucher verdoppelt und vervielfacht, sondern fürchtet Gott, auf daß Ihr wahrhaft gedeiht“. Und in Sure 2,280: „Und falls er Eigner von Schwierigkeiten ist, dann gewährt ihm Aufschub, bis eine Erleichterung. Doch wenn ihr mildtätig seid, so ist es besser für euch, falls ihr wisst.“
Die Gläubigen leiten aus diesen Koran-Stellen ein Zinsverbot ab, welches strikt untersagt Zinsen für ein Darlehen zu nehmen. Allein eine Minderheit des Islams, die nach der sunnitischen Tradition lebt, sieht dieses Zinsverbot nicht so starr und erlaubt das Nehmen von Zinsen, die maßvoll gehalten sind. Für alle anderen Muslime gilt das, was die Scharia zum Zinsverbot und zu bestimmten Investitionen und Geldgeschäften sagt.
Zinsverbot maßgeblich für Islamic Banking
Nun könnt man ja gleichermaßen sagen: Es besteht ein Zinsverbot – damit besteht gleichzeitig das Verbot Geld zu verleihen. Dies ist jedoch nicht richtig, denn nach der Scharia ist es erlaubt, Kapital jeglicher Art und Weise, sei es Geld oder Sachkapital, einzusetzen um damit Gewinne zu erzielen.
Beim Islamic Banking wird jedoch, anders als bei den Bankgeschäften des Westens, abgelehnt, dass einzig der Kreditnehmer das Risiko innehat. Der Kreditgeber hingegen, der abseits des Ganzen steht und nicht einwirken kann das mit dem als Darlehen vergebenen Kapital. „Diese Rollenverteilung ist in der Scharia ersetzt durch das Modell einer Interessen- und Arbeitsgemeinschaft und einer (ggf. begrenzten) Risikotragung durch den Kapitalgeber.“, schreibt dazu Trans-Lex.org.
Immobilienkredite der anderen Art und Weise
Um das islamische Recht einzuhalten, werden Immobilienkredite anders vergeben als es bei europäischen Banken sonst üblich ist. Wenn gängige Banken hierzulande oder in anderen Staaten Europas, Kredite für den Kauf oder Bau von Immobilien vergeben, geschieht dies meist langfristig. D. h. der Kreditnehmer nimmt auf lange Sicht ein Darlehen mit einer hohen Kreditsumme auf. Dies bedeutet, dass er oft jahrzehntelang einen Immobilienkredit abbezahlen muss.
Beim Islamic Banking sieht dies anders aus. Es wird kein direkter Immobilienkredit vergeben, sondern die Bank kauft das Haus selbst und veräußert es nach vorgegebener Zeit an den eigentlichen Kaufinteressenten des Hauses. Somit wird kein Kredit vergeben und es müssen keine Zinsen gezahlt werden, sondern der Verkauf des Hauses an den „Kreditnehmer“ erfolgt mit einem nicht mit Zinsen belegten Gewinnzuschlag seitens der Bank.
Damit wird das islamische Recht, welches ein Zinsverbot vorschreibt, eingehalten aber die Bank hat dennoch etwas von dem Immobiliengeschäft. Der Vorteil ist, dass die Last nicht der Kreditnehmer alleine trägt, wie es normalerweise der Fall ist. Der Nachteil natürlich: Die Bank ist vollständiger Eigner der Immobilie bis diese mit Gewinn an den Käufer des Hauses weiterverkauft wird.
Verbot bestimmter Geschäfte
Beim Banking nach islamischem Recht gibt es nicht nur das Zinsverbot. Zudem sind andere Geschäfte ebenso verboten. Während Halal all die Geschäfte (und auch Lebensmittel) bezeichnet, die erlaubt sind nach der Scharia, werden mit Ḥarām unter anderem all die Geschäfte und Dinge bezeichnet, welche nicht Koran-konform und deshalb verboten sind.
Die verbotenen Geschäfte sind dabei
- Beteiligungen an Unternehmen, welche Gewinne erzielen durch Tabak und Alkohol, Glücksspiel, Schweinefleisch, Prostitution, Nachtclubs und Pornografie sowie Waffen.
- Dazu gibt es nach islamischem Recht ein Verbot sein Geld in Unternehmen zu investieren, welche Geschäfte durchführen, um damit Zinserträge zu erwirtschaften.
Vorteile des Islamic Banking
Die Vorteile von Bankengeschäften nach dem islamischen Recht liegen auf der Hand: Zinswucher ist nicht möglich, da solche Geschäfte nach der Scharia verboten sind. Bei Immobiliengeschäften ist keine langfristige Verschuldung des Kreditnehmers möglich, da diese Art von Geschäften nicht über die Vergabe von Krediten mit Zinsen durchgeführt wird, sondern die Banken einen anderen Weg wählen, damit der Kunde, welcher eine bestimmte Immobilie erwerben möchte, diese Last nicht alleine trägt, sondern zuerst die Bank selbst Eigner des Hauses oder der Wohnung wird. Später wird die von der Bank gekaufte Immobilie an den Kunden verkauft, der ursprünglich Ansprüche erhoben hat.
Ein weiterer Vorteil ist die klare Vorgabe der verbotenen Geschäfte beim Islamic Banking. Es sind vor allem deutsche Banken, die in Waffengeschäfte und in andere Geschäfte investieren, welche nicht ethisch sind. Selbst in vermeintlichen Ethikfonds und ökologischen Geldanlagen sind solche Investitionen oft zu finden, ohne dass die Anleger Kenntnis darüber haben. Beim Banking nach islamischem Recht sind solche Geschäfte nicht möglich, da sie nicht Halal sind.
Nachteile des Islamic Banking
Ein Nachteil des Banking nach islamischem Recht ist natürlich, dass Immobilienkäufer nicht unmittelbar Eigner der gewünschten Immobilie werden, sondern diese erst von der Bank gekauft und später mit einem zinslosen Gewinnzuschlag an den Kunden weitergereicht werden. Dies ist möglicherweise nicht jedermanns Sache, weil wir in Deutschland eine ganz andere Vorgehensweise bei Immobilienkrediten und -geschäften gewöhnt sind.
So ist das Zinsverbot, welches durch die Scharia vorgegeben ist mitunter alles andere als erfreulich für den Bankkunden, welcher eine andere Gangart gewöhnt ist. Dennoch wird gerade die erste nach islamischem Recht agierende Vollbank einen regen Zulauf finden von all den Kunden, die ihren Bankern, welche nach diesem Recht des Zinsverbots und verbotener Geschäfte agieren. Mehr Vertrauen entgegen bringen denn den anderen deutschen und europäischen Geldinstituten, welche in Deutschland tätig sind.
Für Anleger hingegen stellen die Einschränkungen, welche die Scharia in Sachen Finanzgeschäfte mit sich bringen, natürlich geringere Investitionsmöglichkeiten wie bei anderen Banken und Sparkassen dar. Hier wird dem Anleger, welchem egal ist, in was er eigentlich investiert, Hauptsache es bringt Rendite, die Entscheidungsfreiheit schon direkt von der Bank selbst genommen. Nun sieht es in der westlichen Welt aber so aus, dass die Anleger die Möglichkeit haben, ihre Bank und damit die Art ihrer Bankgeschäfte und Anlagearten frei zu wählen. Damit bleibt die eigentliche Freiheit zur Entscheidung der Bankwahl und damit der Anlagewahl erhalten. Anders sieht es aus in den Ländern, in welchen das Banking nach islamischem Recht per Gesetz Vorgabe ist, wie es in Pakistan, im Iran und im Sudan der Fall ist.
Wer steckt hinter der Kuveyt Türk Bank AG?
Die Kuveyt Türk Bank AG hat mit der Hauptfiliale der Bank ihren Sitz in Istanbul. Schon vor Erteilung der Vollbank-Lizenz durch die BaFin hatte die türkische Bank eine Filiale in Mannheim gehalten. Die Kuveyt Türk Bank ist zudem eine der größten Banken, welche ihren Hauptsitz in der Türkei hat. Die Ausweitung der Bankgeschäfte in Deutschland wird weitere Eröffnungen von Filialen der Kuveyt Türk Bank zur Folge haben, wie inzwischen bekannt wurde. Neben der Filiale in Mannheim soll das Filialnetz ausgebaut werden: auf Berlin, Frankfurt und Köln.
Die Kuveyt Türk Bank AG agiert nach islamischem Recht und führt damit nach eigenen Angaben nur Bankgeschäfte durch, die konform mit dem Koran sind. Dazu gehört, wie oben bereits angeführt:
- das Zinsverbot,
- das Verbot von Spekulationsgeschäften sowie
- Investitionen in Geschäfte und Beteiligungen an Geschäften, welche nicht Koran-konform sind wie Beteiligungen an Glücksspiel und Pornografie.
Kemal Ozan, der Geschäftsführer Kuveyt Türk Bank AG äußerte sich in den Medien zu dem Nachfrage-Potenzial des Banking nach islamischem Recht, das in Deutschland hoch sei. Ozan: „Unsere Marktforschung hat ergeben, dass 21 Prozent der Muslime hierzulande ein islamisches Geldhaus als natürliche Hausbank sehen würden.“ Als Marktvolumen wird dabei von einer Summe von bis zu 1,6 Milliarden Euro ausgegangen, das in Deutschland möglich sei zu erreichen, wie bereits früher erfolgte Analysen ergeben hatten.
Dabei strebt die Bank an, hierzulande eine Bilanzsumme zu erreichen, welche in einem Zeitraum von drei bis vier Jahren im mittleren Millionenbereich liegen soll. Ozan weiter: „Wir streben an, unser Filialnetz in den nächsten Jahren kontinuierlich auszubauen.“
Wo sind die Widersprüche des Islamic Banking?
Natürlich kann man das Zinsverbot jetzt durchaus als positiv auslegen. Ist doch Wucher nach dem islamischen Recht grundsätzlich verboten. Dennoch machen die Banken, welche Islamic Banking betreiben, Gewinne. Ohne diese würden sich Bankgeschäfte nicht lohnen. Damit wird der Widerspruch, in welchem diese Art der Bankengeschäfte stehen, schon deutlich.
Zwar erheben die Banken nach der Scharia keine Zinsen und vergeben keine langfristigen Immobilienkredite, verkaufen dafür aber die jeweilige Immobilie mit einem Gewinnzuschlag (der jedoch zinslos ist!) an den Kunden weiter. Es stellt sich die Frage, ob dies wirklich im Widerspruch steht oder ob das Banking nach islamischem Recht nicht möglicherweise Bankgeschäfte nach ethischen Maßstäben möglich macht, die in Deutschland andere Geldinstitute leider viel zu offen vergessen haben.
Banking nach islamischem Recht ein brisantes Thema
Nun stellt sich für das Abendland, das bislang ein ganz anderes Bankenrecht gewöhnt war und ist, die Frage: Wird uns das Banking nach der Scharia nun überrollen und der Islam auch von unserem Geld Besitz nehmen? Dies sind Vorteile, die wir vielleicht ganz schnell wieder in die Schublade zurückstecken sollten, aus der wir sie geholt haben.
Die Scharia selbst ist mitunter ein sehr brisantes Thema, dies ist nicht von der Hand zu weisen. Je nach Auslegung und Prägung wird hier ein völlig anderes Rechtssystem verfolgt, als es in Deutschland der Fall ist und vom hiesigen Gesetzgeber und der Rechtsprechung hierzulande gewünscht und gewollt ist.
Können durch das Islamic Banking Konflikte entstehen, diese Frage stellt sich jedem, der sich nun eingehend mit der Vollbank-Lizenz für die erste Bank in Deutschland, die nach islamischem Recht, der Scharia agiert, befasst. Eher Nein, denken wir. Das Banking nach Scharia spricht eine ganz andere Zielgruppe an als den durchschnittlichen deutschen Bankkunden.
Bericht vom 23.03.2015 über den Launch der 1. islamischen Bank in Deutschland
Fazit
Dennoch entsteht den deutschen Banken natürlich eine Konkurrenz, über welche sich diese nicht unbedingt freuen dürften. Seitenhiebe durch nach deutschem Recht agierender Geldinstitute sind deshalb möglicherweise zu erwarten, wenn diese auch nur subtiler Natur sein dürften.
Kunden, welche in dieser Art von Bankgeschäften ihren Weg sehen, sollten ihn ohne Repressalien und frei beschreiten können. Genau dies sollten wir in Deutschland sein, vollkommen gleich, ob wir nun das Islamic Banking befürworten oder diesem ablehnend gegenüberstehen.
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