Im April dieses Jahres hatte das EU-Parlament das Girokonto für Jedermann beschlossen. Dennoch ist das Girokonto für jeden noch lange keine Pflicht in Deutschland und wird wohl erst auf 2016 kommen. Immerhin wird es kommen, wie Bundesverbraucherminister Heiko Maas jetzt in der Rheinischen Post deutlich gemacht hat.
Maas in der RP: „Wir brauchen das ,Girokonto für Jedermann‘. Jeder sollte das Recht auf ein Basiskonto haben. Heute kommt im Berufs- und Wirtschaftsleben fast niemand mehr ohne ein Girokonto aus.“
Rechtsanspruch auf ein Girokonto
Das, was Bundesminister Maas jetzt vollmundig versprochen hat, hört sich gut an. Keine Frage. Vor allem, wenn er dann ankündigt, dass es einen Rechtsanspruch für ein solches Girokonto für Jedermann geben soll. Damit geht Deutschland mit seinen Banken aber nicht plötzlich einen hervorstechenden Weg, der so anders ist als alle anderen. Sondern es wird lediglich der vom EU-Parlament vorgegebenen Linie gefolgt.
Der Rechtsanspruch, der in allen anderen EU-Staaten gehen soll, wird hierzulande nicht anders sein. In Deutschland wie in den anderen Staaten der Europäischen Union ist es ab 2016 zwingend vorgeschrieben, dass jeder Bürger ein Recht auf ein Girokonto hat und ein solches erhalten muss. Maas mag hier gerne von dem einen oder anderen als eine Art Wohltäter dargestellt werden, doch das ist er nicht. EU-Recht geht vor Bundesrecht, dies gilt auch beim Rechtsanspruch auf ein Girokonto. Wodurch es der Europäischen Union zu verdanken sein wird, wenn ein solches Girokonto für Jedermann kommt, und nicht dem deutschen Verbraucherminister.
Deutschland auf den letzten Drücker
Es ist nicht das erste Mal, dass die Bundesrepublik erst zu dem Zeitpunkt eine Richtlinie der EU umsetzen wird, der als spätestmöglicher vorgegeben ist. Für das gesetzlich zwingend bindende Girokonto für Jedermann ist dies 2016. Erst dann wird der Rechtsanspruch auf das Girokonto in Deutschland kommen.
Dies bedeutet, Deutschland nutzt wieder einmal nicht die Chance, zum Vorreiter in einer für die Verbraucher wichtigen Angelegenheit zu werden. Sondern setzt eine von der EU vorgegebenen Richtlinie auf den letzten Drücker um. Hier wird vor allem eines sehr deutlich: Die Bankenlobby scheint hierzulande eine wichtigere Rolle zu spielen als die Bundesbürger selbst.
Nun mit fadenscheinigen Aussagen zu kommen, welche die Bürger glauben machen sollen, man hätte von sich aus das Problem erkannt und würde das Girokonto für Jedermann aus eigenen Beweggründen bringen, ist das übliche leere Geschwätz von Politikern. Die aus eigenem Antrieb nicht die Problematik erkannt haben, welche sich hinter dem Rechtsanspruch für das Girokonto verbirgt, sondern die Ideen von anderen als ihre eigenen verkaufen wollen.
Kein Girokonto ohne festen Wohnsitz
In Deutschland, wie in anderen Staaten der Europäischen Union gibt es ein drängendes Problem: Bürger ohne einen festen Wohnsitz wie Dienstleister aus anderen Staaten können in den seltensten Fällen ein Girokonto bei einer Bank eröffnen.
Hierzulande ist für eine Kontoeröffnung eine SCHUFA-Auskunft zwingend erforderlich, diese kann nur durchgeführt werden, wenn jemand einen festen Wohnsitz vorweisen kann. Hat er einen solchen nicht, kann er in der Regel auch kein Girokonto eröffnen und ist damit abgeschnitten vom Zahlungsverkehr, der inzwischen weitestgehend auf elektronischem Wege abgewickelt wird.
Das Girokonto für Jedermann soll dies nun ändern und jedem Bürger in der EU ein Girokonto garantieren. In Deutschland muss diese Richtlinie ebenfalls umgesetzt werden, bis spätestens 2016. Klar ist, das Konto wird kommen, weil die Einführung eines solchen Gesetzes Pflicht ist durch den Vorstoß der EU-Kommission und den Beschluss des EU-Parlaments. Aber nicht alle Banken werden voraussichtlich dazu verpflichtet, ein solches Girokonto für Jeden anzubieten, sondern nur ein Teil der Geldinstitute soll dann solche Konten im Angebot haben müssen.
Warnpflicht für Dispozinsen
Neben dem kommenden Rechtsanspruch für ein Girokonto hat Verbraucherschutzminister Maas wieder einmal das Thema Dispokredite auf den Tisch gebracht. Er will eine Warnpflicht für Dispozinsen einführen, die Banken sollen dazu verpflichtet werden, Bürgern, die den Dispokredit ständig nutzen, Beratungsgespräche anzubieten. In diesen Beratungsgesprächen soll u.a. ein Ratenkredit zur Umschuldung angeboten werden. Damit der Kontoinhaber sich auf diese Weise von der hohen Zinslast des Dispokredits befreien und den bisher entstandenen Minusbetrag durch einen günstigeren Ratenkredit umschulden kann.
Ratenkredit zur Umschuldung
Ob der Ratenkredit zur Umschuldung dann Pflicht werden wird? Dies wäre dann vielleicht die sinnvollste Möglichkeit, um diese Problematik zu lösen. Nur darauf hinzuweisen, ohne einen wirklich günstigeren Kredit anzubieten, wird den Menschen mit einem ständig überzogenen Girokonto und den hohen Zinsen, die sie dafür an ihre Bank bezahlen müssen, kaum helfen.
Surftipp: Die Alternative zum Dispokredit
Für Kontoinhaber wird sich dabei zudem die Frage stellen, ob der von ihrer Hausbank angebotene Kredit zur Umschuldung wirklich die günstigste Möglichkeit ist, oder ob nicht eine andere Bank vielleicht einen noch günstigeren Ratenkredit anbietet. Hier sollten Bankkunden darauf achten, dass bei ihrer Bank nicht einen neuen Vertrag unterschreiben, bevor sie sich die Kreditangebote anderer Banken angesehen und einen Kreditvergleich durchgeführt haben.