Versicherungsunternehmen hat kein Recht auf Eröffnung eines Girokontos bei der Deutschen Bundesbank
Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main (Az: 1 K 2319/09.K)
Dass die Deutsche Bundesbank keine Privatkundenbank im eigentlichen Sinne ist, dürfte bekannt sein. Das bedeutet konkret: Ein herkömmliches Girokonto für Privatpersonen lässt sich bei der Deutschen Bundesbank nicht eröffnen. Doch wie sieht es diesbezüglich bei Unternehmen aus? Gerade große Firmen wünschen sich oft ein Konto bei der Bundesbank – aus verständlichen Gründen, wie wir noch sehen werden.
Schilderung des Sachverhalts
In dem hier vorliegenden Fall geht es um einen Gerichtsprozess, der genau aus dem genannten Grund initiiert wurde. Ein Unternehmen wollte sich vor Gericht das Recht erstreiten, ein Girokonto bei der Deutschen Bundesbank eröffnen zu können. Den genauen Sachverhalt erfahren Sie in den folgenden Abschnitten:
Kläger war in diesem Fall der drittgrößte deutsche Versicherungskonzern. Dieser begehrte die erwähnte Kontoeröffnung bei der Deutschen Bundesbank und zwar vorrangig aus dem Grund, dass man für bestimmte, insbesondere für größere Zahlungsvorgänge eine Plattform nutzen wolle, die nicht dem üblichen Insolvenzrisiko unterliege, wie es bei herkömmlichen Privat- bzw. Geschäftsbanken der Fall ist.
Bundesbank nicht unter Kontrahierungszwang
Die Deutsche Bundesbank folgte diesem Ansinnen jedoch nicht und verweigerte die Eröffnung eines Girokontos für den Versicherungskonzern. Begründung: Für die Bundesbank bestehen kein Kontrahierungszwang und keine Verpflichtung zur Annahme von Giroeinlagen von Wirtschaftsunternehmen wie der Klägerin. Doch nicht nur Giroeinlagen würden der Stellung und Aufgabe der Deutschen Bundesbank als Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen. Ihre Aufgabe sei vielmehr, die Stabilität der Zahlungs- und Verrechnungssysteme sowie die Abwicklung des Zahlungsverkehrs im In- und Ausland sicherzustellen. Dazu gehören jedoch nicht die üblichen Zahlungsverkehrsdienstleistungen für jedermann.
Weiterhin, so führten die rechtlichen Vertreter der Deutschen Bundesbank vor Gericht an, führe die Annahme von Giroeinlagen von Wirtschaftsunternehmen insbesondere in Krisensituationen dazu, dass die Liquidität bei Banken abgezogen würde, was wiederum zur Verschärfung einer solchen Krise beiträgt.
Die Rechtsvertreter des Versicherungskonzerns konterten wiederum mit dem Argument, dass der Staat die Pflicht zur Gewährleistung einer Grundversorgung auch im Bereich der Dienstleistungen durch Banken habe. Diese seien eine unerlässliche Infrastrukturdienstleistungen, von der die Funktionsfähigkeit des Gemeinwohls abhänge. Die Aufrechterhaltung von Zahlungssystemen sei nicht nur im Interesse der Volkswirtschaft, sondern auch jedes einzelnen Wirtschaftsteilnehmers. Außerdem sei durch die seit Jahren bestehende Finanzkrise das Insolvenzrisiko insbesondere bei Geschäftsbanken dramatisch gestiegen, was sich bei einem großen Versicherungskonzern, der Einzelzahlungen in Millionenhöhe vornehme, besonders drastisch auswirken würde.
Verwaltungsgericht weist Klage des Versicherungskonzerns ab
Das Verwaltungsgericht in Frankfurt am Main wies die Klage schließlich ab. Die Richter betonten, dass bereits die im Zusammenhang mit dem Hauptantrag erhobene Verpflichtungsklage grundsätzlich unzulässig sei, da der Deutschen Bundesbank keine Verpflichtung zukäme, über einen Antrag auf Eröffnung eines Girokontos zu entscheiden. Weiter, so die Richter am VG Frankfurt am Main, sei die zusätzlich erhobene Leistungsklage zwar zulässig, jedoch unbegründet. Hier gingen die Richter insbesondere auf den Einwand der Klägerin ein, dass nach § 3 Abs. 1 Grundgesetz eine Gleichbehandlung erforderlich ist. Der Kreis jener, die eine Giroanlage bei der Deutschen Bundesbank besitzen, sei nicht mit der Stellung der Klägerin vergleichbar. Für die Klägerin bestehe somit keinen Anspruch auf die Eröffnung eines Girokontos bei der Bundesbank.
Meinung zum Urteil: Es ist zwar verständlich, dass große Konzerne, die Zahlungen in Millionenhöhe in regelmäßigen Abständen vorzunehmen haben, sich vor einer eventuellen Insolvenz der kontoführenden Geschäftsbank fürchten, allerdings begründet diese Angst nicht das Recht, ein Girokonto bei einem Kreditinstitut zu eröffnen, das für den privaten bzw. privatgeschäftlichen Zahlungsverkehr überhaupt nicht vorgesehen ist. Die Deutsche Bundesbank übernimmt ganz andere Aufgaben und die Durchführung von privatwirtschaftlichem Zahlungsverkehr kann diesen Aufgaben sogar im Wege stehen. Somit ist die Abweisung der Klage verständlich und faktisch auch richtig.