Kapitalanlagerisiko trägt Bank, wenn bei Haustürgeschäften Widerrufsbelehrung unterlassen wird
Fast jeder kennt es und viele ärgern sich darüber: Die immer wiederkehrenden Geschäftemacher an der Haustür, die einem entweder einen Staubsauger, ein Zeitschriftenabo oder auch eine Kapitalanlage verkaufen möchten. Gerade bei Letzteren ist äußerste Vorsicht geboten, denn viele der zwischen Tür und Angel angebotenen Anlagemodelle sind alles andere als seriös.
Verbraucherrechte gestärkt
Zum Glück wurden die Rechte des Verbrauchers durch zahlreiche Entscheidungen – auch von höchster Instanz – innerhalb der letzten Jahre bereits deutlich gestärkt. Das bedeutet: Geschäfte an der Haustür unterliegen den gleichen strengen Bestimmungen wie herkömmliche Verträge zwischen Unternehmen und Verbrauchern – inklusive einer Widerrufsfrist von in der Regel 14 Tagen.
Übrigens: Von Haustürgeschäften spricht man nicht nur bei den sprichwörtlich „zwischen Tür und Angel“ abgeschlossenen Verträgen, sondern auch dann, wenn ein Termin vereinbart wurde und der Berater nach Hause kommt. Allerdings sieht die „Richtlinie über Haustürgeschäfte“ aus dem Jahr 1985 eine Widerrufsfrist von lediglich 7 Tagen vor. Aufgrund dieser Diskrepanzen wurde dem EuGH von verschiedenen Gerichten Fragen zur Auslegung der Richtlinie vorgelegt.
„Richtlinie über Haustürgeschäfte“
Zunächst einmal stellt der EuGH fest, dass die vorliegende Richtlinie dem Verbraucher nicht zwangsläufig das Recht zum Widerruf eines Immobilienkaufvertrags verleiht. Dies gilt auch, wenn dieser Vertrag Bestandteil eines kreditfinanzierten Kapitalanlagemodells ist, bei dem die vor Vertragsabschluss durchgeführten Verhandlungen hinsichtlich des Immobilienkaufvertrags und des zur Finanzierung dienenden Darlehensvertrags in einer „Haustürsituation“ erfolgten.
Weiterhin war die Frage zu klären, wie es sich mit Darlehen verhält, die bei ordnungsgemäß erfolgter Widerrufsbelehrung innerhalb der Frist vom Kreditnehmer widerrufen werden. In diesem Fall, so stellten die Richter am Europäischen Gerichtshof fest, kann gefordert werden, dass der Kreditnehmer das Darlehen zuzüglich der marktüblichen Zinsen sofort an den Kreditgeber zurückzahlen muss. Etwas anders verhält es sich allerdings, wenn der Verbraucher nicht über das Widerrufsrecht in Verbindung mit einem Darlehensvertrag belehrt wurde. In diesem Fall hat das dahinter stehende Kreditinstitut die mit der Kapitalanlage in Verbindung stehenden Risiken zu tragen.
Darlehensverträge
Das Ganze gilt auch für Darlehensverträge, die sich mit der Finanzierung von Immobilien beschäftigen. Wird in diesem Fall der Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht belehrt, so hätte er laut Meinung der Richter keine Chance gehabt, seine Entscheidung vor dem Abschluss des Darlehensvertrags rückgängig zu machen. In der Folge hätte er es auch nicht vermeiden können, sich den mit der Immobilie verbundenen Risiken auszusetzen – etwa dem Risiko, dass die Immobilie zum Kaufzeitpunkt zu hoch bewertet wird und sich damit die erwünschten Mieteinnahmen nicht ergeben.
Fazit
Somit steht fest: Die Rechte von Verbrauchern insbesondere im Zusammenhang mit Geschäften an der Haustür bzw. von Vermittlern, die ins Haus kommen, wurden durch die Beantwortungen der Fragen, welche man dem Europäischen Gerichtshof vorlegte, deutlich gestärkt. Banken und andere Kreditgeber müssen sich zukünftig Gedanken darüber machen, wie seriös ihre Außendienstmitarbeiter arbeiten. Tun sie dies nicht, so besteht die Gefahr, bei einer nicht ordnungsgemäß erteilten Widerrufsbelehrung oder anderen Formfehlern, die bei Geschäften im Haustürbereich begangen werden, für eventuelle Risiken und Verluste des Verbrauchers voll haften zu müssen. Mitunter kann dies eine sehr teure Sache werden.
Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (Az. C-350/03 und C-229/04)