Aufforderung zur Kündigung eines Girokontos wegen systematischer Täuschung rechtens
Bank darf zur Kündigung des Girokontos durch die Verbraucherzentrale bei einer Abo-Falle mit einer zweifelhaften Forderung des geltend machenden Inkassounternehmens aufgefordert werden. Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. I ZR 75/13)
Es sei nicht verhältnismäßig, wenn der Verbraucher wegen systematischer Täuschung eine Aufforderung zur Kündigung des Girokontos vornimmt. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes ist der sich an die Bank richtende Aufruf der Verbraucherzentrale zu einer Kündigung des Girokontos eines Unternehmens nur dann zulässig, wenn es sich beim Inhaber des Kontos um ein Inkasso-Unternehmen handelt, welches sich darum kümmert, zweifelhafte Forderungen eines Abofallen-Betreibers aus dem Internet geltend zu machen.
Verklagt wurde in diesem Fall die Verbraucherzentrale des Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Sie hat sich mit einem Schreiben an die Sparkasse Heidelberg gewendet, und dazu aufgefordert, das Girokonto der Klägerin zu sperren. Unter anderem ist die Klägerin – ein Inkassounternehmen – für die W. GmbH tätig.
Zugrunde liegender Sachverhalt
Auf ihrer Website bot die W. GmbH im Februar 2011 den Service eines Routenplaners an. Die Beklagte war der Meinung, der Nutzer werde darüber getäuscht, dass es sich um ein kostenpflichtiges Angebot handele. Ein Verbraucher hatte das Angebot der W. GmbH aufgerufen und erhielt anschließend eine Aufforderung zur Zahlung für die Nutzung des Routenplaner-Services. Diese sollte sich auf insgesamt 96 Euro belaufen. Die Verbraucherzentrale ging wegen arglistiger Täuschung im Namen des Verbrauchers gegen den Vertrag vor. Die Klägerin wurde von der W. GmbH mit dem Eintreiben der Forderung beauftragt und mahnte den Verbraucher nunmehr mehrfach an. Dabei hatte die Verbraucherzentrale längst ihre Einwände gegen die Klägerin erhoben.
Dies führte dazu, dass sich die Verbraucherzentrale an die Sparkasse Heidelberg wendete. Sie verfasste ein Schreiben, in welchem die Sparkasse dazu aufgefordert wurde, das Girokonto zu kündigen. Grundlegend hierfür war der Verdacht des betrügerischen und wettbewerbswidrigen Verhaltens des Internetseiten-Betreibers.
Meinungsfreiheit der Verbraucherzentrale war ausschlaggebend
Die Klägerin reichte eine Unterlassungsklage ein, die sich gegen die Kündigungs-Aufforderung sowie die Sperrung des Girokontos richtete. In erster Instanz wurde die Klage beim Landgericht abgewiesen. Das Berufungsgericht wiederum verurteilte die Verbraucherzentrale gemäß des gestellten Antrages. Die Beklagte reichte Revision ein, woraufhin der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufhob und sodann die Klageabweisung entschied. Mit dem Kündigungs-Aufruf des Girokontos der Klägerin habe die Beklagte in den geschützt eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin eingegriffen, was aus § 823 Abs. 1 BGB hervorgehe. Allerdings sei genau dieser Eingriff nicht rechtswidrig gewesen, da es sich hierbei um besondere Umstände handele. Die Verbraucherzentrale habe die Möglichkeit, sich auf ihre Meinungsfreiheit zu berufen, welche in Art. 5 Abs. 1 GG geregelt ist. Dies sei in dem vorgenannten Zusammenhang zu berücksichtigen gewesen. Gleichzeitig sei der Aufruf zur Kündigung keineswegs als unverhältnismäßig anzusehen. Selbstverständlich hätte die Beklagte sich des offiziellen Rechtsweges bedienen müssen. Allerdings hätte die Beklagte in diesem speziellen Fall nicht als erstes Klage einreichen müssen. Sie hatte die unmittelbare Gelegenheit, die Sparkasse aufzufordern, das Girokonto des Inkassounternehmens zu kündigen. Dieses habe sich schließlich mit der Durchsetzung der Forderung bewusst auf die systematische Täuschung von Verbrauchern eingelassen, indem es das Geschäftsmodell der W. GmbH unterstützte.
Für den Verbraucher kann es sich in einem solchen Fall daher sehr wohl lohnen, sich an die Verbraucherzentrale zu wenden.